(Letzte Aktualisierung: 28.12.2025)
Text von Artikel 32 des Grundgesetzes
(1) Die Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten ist Sache des Bundes.
(2) Vor dem Abschluß eines Vertrages, der die besonderen Verhältnisse eines Landes berührt, ist dieses Land zu hören.
(3) Soweit die Länder die Gesetzgebungsbefugnisse haben, können sie mit Zustimmung der Bundesregierung Verträge mit ausländischen Staaten schließen.
Erläuterungen zu Art. 32 GG von Rechtsanwalt Thomas Hummel
Außenpolitik ist Bundessache
Die Gestaltung der Beziehungen Deutschlands zu anderen Staaten liegt in der alleinigen Zuständigkeit des Bundes. Artikel 32 Absatz 1 GG stellt klar, dass außenpolitische Aktivitäten grundsätzlich nicht in den Aufgabenbereich der Länder fallen. Diese zentrale Bündelung soll sicherstellen, dass Deutschland als einheitlicher Akteur auf internationaler Ebene auftritt.
Einbindung der Länder bei spezifischem Landesinteresse
Art. 32 Absatz 2 GG erkennt jedoch an, dass es Situationen geben kann, in denen außenpolitische Vereinbarungen spezifisch ein einzelnes Bundesland betreffen – etwa wirtschaftliche oder kulturelle Beziehungen mit einer Region im Nachbarstaat. In solchen Fällen muss der Bund das betreffende Land vor Vertragsabschluss „hören“. Das bedeutet: Das Land darf seine Sichtweise vorbringen, und der Bund muss diese Argumente in seine Entscheidung einbeziehen. Eine formelle Zustimmungspflicht besteht nicht, wohl aber eine Verpflichtung zu einer ernsthaften Auseinandersetzung mit den vorgetragenen Interessen.
Grenzen der Bundeshoheit: Zustimmungspflicht bei Länderzuständigkeiten
Wird durch einen internationalen Vertrag in die innerstaatliche Zuständigkeit eines Landes eingegriffen – etwa in seine Eigentumsrechte oder das Landesrecht – genügt das Anhörungsrecht nicht mehr. In solchen Fällen ist die Zustimmung des Landes erforderlich. Dies folgt nicht direkt aus Art. 32 GG, sondern aus dem allgemeinen verfassungsrechtlichen Prinzip des Bundesstaats, insbesondere Art. 30 GG (Zuständigkeit der Länder), und ist in der Praxis vom Bundesverfassungsgericht bestätigt worden.
Eigene Außenverträge der Länder
Absatz 3 des Artikels erlaubt es den Ländern, im Rahmen ihrer Gesetzgebungskompetenzen selbst Verträge mit ausländischen Staaten zu schließen – allerdings nur mit Zustimmung der Bundesregierung. Dies betrifft vor allem Bereiche wie Bildung, Kultur oder Verwaltungskooperationen. Zwar bleibt der Bund auch hier außenpolitisch federführend, doch gibt es Raum für eine „Länder-Außenpolitik“. Diese erfordert jedoch stets eine enge Abstimmung mit dem Bund, um eine kohärente Außenpolitik Deutschlands zu gewährleisten.
Funktion und Bedeutung
Art. 32 GG spiegelt das föderale Prinzip der Bundesrepublik wider, wahrt aber gleichzeitig die außenpolitische Einheit des Staates. Die Regelung erlaubt eine Mitwirkung der Länder, ohne die Zuständigkeit des Bundes zu untergraben. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass auch auf subnationaler Ebene internationale Beziehungen gepflegt werden – allerdings stets im Rahmen der gesamtstaatlichen Außenpolitik.