Artikel 27 GG

(Letzte Aktualisierung: 15.12.2025)

Text von Artikel 27 des Grundgesetzes

(1) Alle deutschen Kauffahrteischiffe bilden eine einheitliche Handelsflotte.

Erläuterungen zu Art. 27 GG von Rechtsanwalt Thomas Hummel

Ein merkwürdig unscheinbarer Artikel

Artikel 27 GG wirkt auf den ersten Blick wenig bedeutend. Die Norm ist extrem kurz und enthält keine klare Anordnung, sondern beschreibt lediglich einen Zustand – die Existenz einer einheitlichen Handelsflotte. Für sich genommen bleibt der Sinn dieser Vorschrift unklar.

Was bedeutet eine „einheitliche Handelsflotte“?

Der Begriff der „einheitlichen Handelsflotte“ ist nicht näher definiert. Gemeint ist, dass alle Schiffe, die unter deutscher Flagge fahren und dem Kauffahrteibetrieb dienen – also dem zivilen, kommerziellen Seeverkehr –, organisatorisch und rechtlich als eine Einheit gelten.

Juristischer Hintergrund: Flaggenstaatprinzip

Die Vorschrift ist jedoch nicht bedeutungslos. Sie steht im Zusammenhang mit dem internationalen Seerecht. Nach Art. 90 des UN-Seerechtsübereinkommens haben Staaten das Recht, ihre Flagge an Schiffe zu vergeben. Dadurch wird das Schiff der Hoheitsgewalt dieses Staates unterstellt – im konkreten Fall also der deutschen. Das hat zur Folge, dass deutsches Recht auf dem Schiff gilt und auch von anderen Staaten als maßgeblich akzeptiert werden muss.

Zuständigkeit des Bundes

Weiterhin bringt Art. 27 GG zum Ausdruck, dass die Handelsflotte eine gesamtstaatliche Angelegenheit ist. Sie gehört in die Zuständigkeit des Bundes. Die Bundesländer sind damit von Regelungen oder dem Betrieb eigener Handelsflotten ausgeschlossen – was jedoch nicht ausschließt, dass sie beispielsweise Polizeiboote betreiben dürfen. Diese zählen nicht zur Handelsflotte.

Eine überholte Vorschrift?

In der Praxis spielt die Vorschrift heute kaum noch eine Rolle. Der globale Schiffsverkehr hat sich stark verändert. Viele Schiffe fahren unter sogenannter „Billigflagge“, um Kosten und Vorschriften zu umgehen. Die Anzahl deutscher Kauffahrteischiffe ist vergleichsweise gering. Dennoch bleibt die Regelung ein Ausdruck nationalstaatlicher Souveränität im Seeverkehr.

Fazit

Auch wenn Art. 27 GG auf den ersten Blick fast banal erscheint, berührt er wichtige Fragen des internationalen Rechts und der föderalen Zuständigkeiten in Deutschland. Er ist ein Beispiel für eine Norm, die stark von völkerrechtlichen Rahmenbedingungen geprägt ist und dabei in ihrer konkreten Formulierung wenig aufschlussreich bleibt.

Rechtsprechung zu Art. 27 GG

  • BVerfG, Beschl. v. 26.10.2004 – 2 BvR 955/00 (zur Abgrenzung von Bundes- und Länderzuständigkeiten im Bereich der Hoheitsgewalt)
  • BGH, Urteil v. 09.03.1970 – II ZR 88/68 (zur Einordnung von Seeschiffen unter deutschem Recht)
  • VG Hamburg, Urteil v. 11.12.2012 – 3 K 1462/11 (zum Flaggenrecht und der Registrierungspflicht für Schiffe)

Fachartikel zu Art. 27 GG

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